Was ist Coxarthrose?

Unter Coxarthrose versteht man eine Erkrankung des Hüftgelenkes, bei der es zumeist durch Verschleiß zu einem Verlust des Knorpels kommt, so daß der darunterliegende Knochen frei liegt.

Was ist das Hüftgelenk?

Das Hüftgelenk ist das Gelenk, über welches das Bein mit dem ringförmig angelegten Becken verbunden wird. Das Hüftgelenk besteht somit aus zwei knöchernen Gelenkpartner, zum Einen dem Oberschenkel und zum anderem dem Becken. Die Kopplung beider Gelenkpartner geschieht neben der Gelenkkapsel über die das Hüftgelenk umgebenden Bänder, Sehnen und Muskeln.

Das Hüftgelenk selber ist das zweitgrößte Gelenk des menschlichen Körpers und besitzt die stärkste Kapsel. Nur das Kniegelenk ist noch größer.

Der Hüftkopf, welcher am Oberschenkel sitzt, ist als Kugel angelegt und fügt sich eng in die ebenfalls rundlich angelegte im Becken sitzende Pfanne ein. Durch die kugelige Anlage des Gelenkes kann sich das Hüftgelenk in allen drei Freiheitsgraden bewegen. Man spricht deshalb auch von einem Kugel- - oder genauer gesagt – von einem Nußgelenk.

Unter Freiheitsgraden wiederum versteht man die verschiedenen Bewegungsrichtungen eines Gelenkes. Bei drei Freiheitsgraden kann man in diesem Gelenk neben Beugen und Strecken, dieses noch An- und Abspreizen sowie Innen-und Außenrotieren und diese Bewegungen auch noch miteinander kombinieren. Wie z.B. unter Beugung des Oberschenkels diesen noch zusätzlich abspreizen und außenrotieren.

Ermöglicht wird dies über einen komplizierten Aufbau der Kapsel, der die einzelnen Bewegungen gestattet, aber gleichzeitig über eine eingebaute Begrenzung auch einen evt. schädigend wirkenden zu große Bewegungsumfang verhindert.

Die eigentliche Bewegung wird über Muskelgruppen ausgelöst, die entsprechend ihrer Funktion benannt wurden, also Hüftbeuger oder -strecker etc.  Beide Gelenkpartner sind mit Knorpel überzogen, der im intakten Zustand eine schmerzfreie Funktion des Gelenkes gewährleistet.

Aufgrund seiner zentralen Lage im Übergang zwischen Oberschenkel und Becken sind die Strukturen des Hüftgelenkes – entgegen den Strukturen des Kniegelenkes – von außen nicht sichtbar und zum Teil auch nur schwer zu tasten.

Zurück zur Coxarthrose:

In Deutschland leiden heutzutage schon ca. 5% der Bevölkerung über 60 Jährigen an einer symptomatischen Arthrose (=Verschleißkrankheit) des Hüftgelenkes. Zum Vergleich: 2005 ging man noch von einem Anteil von nur 2% der Deutschen mit Beschwerden im Bereich der Hüfte in Bezug auf die Gesamtbevölkerung aus. Es zeigt sich also, daß es in den letzten 10 Jahren zu einem Anstieg an Menschen mit symptomatischen Hüftgelenksbeschwerden gekommen ist.

Wodurch entsteht eine Coxarthrose?

Bei der Coxarthrose (= Verschleiß des Hüftgelenkes) unterscheidet man 2 grundsätzliche Formen (wie bei allen Arthrose). Zunächst gibt es die primäre Coxarthrose. Eine Ursache für die Entwicklung dieser Art der Arthrose kann nach heutigem Stand der Wissenschaft nicht bekannt. Bei der sekundären Arthrose geht man davon aus, daß es einen Grund für die Entstehung der Arthrose gibt. Hierbei unterscheidet man einerseits eine angeborene Form: Durch eine während der Ausreifung im Mutterleib oder im Kindesalter entstandene Fehlform entweder der Hüftpfanne oder des Hüftkopfes passen die beiden Gelenkpartner nicht ineinander, wodurch es zu einer erhöhten mechanischen Belastung und damit Abrieb des Gelenkknorpels kommt. Des Weiteren führen Unfälle mit Brüchen eines oder beider Gelenkpartner, Stoffwechselerkrankungen wie Gicht oder auch entzündliche Erkrankungen wie Rheuma bzw. eine Eiterung im Hüftgelenk zur Schädigungen der Knorpeloberfläche und damit zur Arthrose.

Heute geht man davon aus, daß es aber nicht nur die eine Ursache ist, die bei jedem Einzelnen individuell die Entstehung der Coxarthrose bedingt. Neben der Grundkrankheit müssen noch andere Risikofaktoren auf das Hüftgelenk einwirken, die dann das Gleichgewicht aus Knorpelauf- und abbau stören, so daß es zur Entstehung der Coxarthrose kommt. Große Beachtung findet hier die chronische Überlastung des Hüftgelenkes, durch die es dann zu einer mechanischen Schädigung des Knorpels kommt.

Ein Beispiel hierfür wäre das femoroacetabuläre Impingement.

Femoroacetabulär als Bezeichnung für das Hüftgelenk, daß sich ja wie o.a. aus Oberschenkel (= Femur) und Becken (=Acetabulum) zusammensetzt. Impingement als Zusammenstoßen der Gelenkpartner, wo durch eine Einschränkung des Bewegungsumfanges des Gelenkes resultiert. Beim Impingement des Hüftgelenkes kommt es entweder zu einem Pincerimpingement (=Beißzange) bei dem es zu einem frühzeitigen Anschlagen des Schenkelhalses am Pfannenrand – entweder durch einen vermehrten Anbau von Knochen an eben diesem Rand oder durch einen verkürzten bzw. eher nach hinten gedrehten Schenkelhals - kommt. Oder beim Camimpingement (=Nockenwelle) bewirkt ein entrundeter Hüftkopf eine Abscherung des Knorpels am Pfannenrand. Dies bewirkt durch die größeren Kräfte die auf den Knorpel wirken eine frühzeitige mechanische Zerstörung des Knorpels und darunter Entwicklung einer Coxarthrose.

Es kommt also jeweils zu einer mechanischen Zerstörung des Knorpels.

Wie kann ich die Zerstörung des Hüftgelenkes nun sichtbarmachen?

Die einfachste Methode ist die Durchführung eines Röntgenbildes. Knorpel kann zwar nicht wie Knochen Röntgenstrahlen absorbieren und damit verhindern, daß sich die Röntgenplatte in diesem Bereich schwarz verfärbt (darum ist der Knochen ausf dem Röntgenbild immer Weiß), aber durch eine Veränderung des Abstandes der knöchernen Gelenkpartner kann man Rückschlüsse auf den vorhandenen Knorpel ziehen. Stoßen beide Gelenkpartner aneinander, so liegt kein Knorpel mehr dazwischen.

Gibt es nun eine bildgebende Möglichkeit den Knorpel anzusehen?

Knorpel sichtbar machen kann man zum Beispiel mit Hilfe der Kernspinuntersuchung. Im MRT kann man sowohl den Knochen aber auch alle anderen Weichteilstrukturen wie u.a. Knorpel beurteilen, so daß das MRT bei speziellen Fragestellungen zum Einsatz kommt.

Aufgrund der einfachen Verfügbarkeit und der guten Aussagekraft ist hinsichtlich der Beurteilung der Coxarthrose jedoch das Röntgenbild die erste Wahl und zum Teil in seiner Aussagekraft dem MRT überlegen.

Heißt das jetzt, dass alle Patienten mit einem Verlust des Knorpels automatisch ein künstliches Hüftgelenk benögtigen?

Nein: Legt man nur radiologische Veränderungen zu Grunde, so findet man bei 10-20% der europäischen Bevölkerungen in den Röntgenbildern eine Hüftarthrose. Dies bedeutet aber auch – wenn wir uns an die o.g. Zahlen mit 5% der Bevölkerung leiden an einer symptomatischen Coxarthrose erinnern -, daß nur ca. 1/3 aller Menschen, die radiologisch eine Hüftarthrose aufweisen, überhaupt Beschwerden haben, die eine Therapie nach sich ziehen sollte.

Wie sieht nun diese Therapie aus?

Eine Therapie sollte im Anfangsstadium der Coxarthrose immer konservativ sein.

Konservativ bedeutet, daß nicht operiert wird – egal wie klein der Eingriff auch sei. Zur konservativen Therapie zählt die Verordnung von:

  • Schmerzmedikamenten,

  • physiotherapeutischen und physikalischen Maßnahmen wie:

    • Muskelkräftigung durch:

      • Trainingstherapie,

      • Gangschulung und

      • funktioneller Bewegungstherapie mit besonderem Augenmerk auf der Erlernung der täglich selbst durchzuführenden Übungen,

    • Wärme- oder Kältepackungen

    • Elektrotherapie

    • Etc.

  • orthopädischen Hilfsmitteln wie Gehstock etc.

  • Spritzen in das geschädigte Gelenk.

  • Gewichtsreduktion

  • Optimierung der Therapie der Grunderkrankung

  • Etc.

Hierdurch kann man zwar den Verschleiß des Hüftgelenkes nicht aufhalten aber schon eine Operation hinausschieben: „Man läßt sich ja auch nicht gleich alle Zähne ziehen nur weil man ein kleines Loch hat“

Ab wann sollte man operieren und welche Möglichkeiten bietet sich einem bei einer Operation?

1.     Im Einzelfall kann schon zu Beginn der Arthrose eine Arthroskopie des Hüftgelenkes angeraten sein – insbesondere beim Impingementsyndrom oder auch bei freien Gelenkkörpern.

2.     Sind Entwicklungs- oder Formstörungen der Grund für die Entstehung der Arthrose empfiehlt sich ebenfalls ein frühzeitigeres operatives Vorgehen, wenn sich dadurch die Kongruenz der Gelenkpartner zueinander verbessern läßt. So kann man durch eine Operation am Becken und darunter verschieben von einzelnen Knochenteilen eine bessere Überdachung des Hüftkopfes erzielen. Oder durch eine Operation am Oberschenkel bewirken, daß sich der Hüftkopf besser in die Pfanne einstellt. Durch diese Operationen vergrößert man den Bereich, auf den die einzelne Last einwirkt (s. auch Knie: Unterschied Stöckelschuh zu breitem Absatz)

3.     Erst wenn wirklich Knochen auf Knochen reibt, bleibt nur noch der Ersatz des Hüftgelenkes.

Man unterscheidet verschiedene Prothesentypen.

Es gibt:

a.     Die Hüftkappenprothese, bei der der geringste Knochenverlust resultiert. Man paßt den Kopf der Kappe an, so daß dadurch sehr wenig eigener Knochen am Oberschenkel verloren geht. Nachteil ist, daß es aufgrund der komplizierten Blutgefäßversorgung des Hüftkopfes häufiger zu Hüftkopfnekrosen kommen kann. Die Pfanne wird wie bei allen anderen Prothesenrtypen gefräst – ist jedoch bei der Hüftkappe häufig größer angelegt, so daß es auf Pfannenseite zu einem höheren Knochenverlust kommen kann.

b.     Die Kurzschaftprothese. Bei ihr bleibt ein Teil des Schenkelhalses stehen, so daß sie einen geringeren Knochenverlust als die konventionellen Stiele aufweist. Der Unterschied in der Schnittlage am Oberschenkelknochen macht aber in der Regel unter 1 cm aus.

c.     Konventionelle Prothesenstiele wie die Gradschaftprothese. Zu dieser Prothesenart gibt es die Langzeitergebnisse mit den größten Zeitintervallen (bis zu 30 Jahren).

            Des Weiteren kann man diese Prothesen wie folgt im Knochen verankern:

a.     Zementfrei: Hier wird das Prothesenlager der Prothesenform eng angepaßt, so daß sich ein geringerer Knochenverlust ergibt als bei der zementierten Verankerung. Durch eine sehr rauhe Oberfläche „verbeißt“ sich die Prothese regelrecht im Knochen, so daß eine sehr sichere Verankerung resultiert. Insbesondere bei jungen Menschen geeignetes Verankerungsverfahren, da die Knochenstruktur noch intakt ist und der junge Mensch noch wenigsten einen Wechsel seiner Prothese erleben wird. Inzwischen geht man dazu über, diese Verankerung auch bei älteren bis alten Patienten mit sehr gutem Erfolg anzuwenden.

b.     Zementiert: In ein deutlich größeres Prothesenbett im Oberschenkelknochen wird die kleinere Prothese in den Zement eingesetzt. Hierzu sollte die Prothese an allen Seiten von mind. 2mm Zement umgeben sein. Der Zement wirkt jedoch nicht – wie herkömmlich angenommen – als Kleber, er vergrößert nur die Oberfläche, über die verankert wird. Zement kann man aber auch nur dort einsetzen, wo noch Knochenmark vorhanden ist, in einem hohlen leeren Rohr kann man keine Prothese verankern  hier nimmt man dann die zementfreie Variante.

c.     Hybrid: eine Kombination aus zementfreier und zementierter Verankerung. Zumeist wird der Schaft zementiert und die Pfanne zementfrei eingebracht, aber auch die umgekehrte Variante kommt nicht so selten vor.

Allen diesen Prothesen ist gemein, daß man sowohl die Pfanne als auch den Hüftkopf ersetzt (Ausnahme: Duokopfprothese). Die Prothesen selber sind alle aus Metall zumeist Titan, die Gleitpaarung, dort wo der Hüftkopf mit der Pfanne korresponiert, in den meisten Fällen nicht. Man unterscheidet folglich folgende Gleitpaarungsmöglichkeiten:

a.     Keramik-Keramik-Gleitpaarung: Hier besteht sowohl der Kopf als auch das Inlay aus Keramik  aktuell die Gleitpaatung mit dem geringsten Abrieb, aber der Problematik, daß Keramik brechen kann. Dies tritt aber sehr selten auf: ca. 1/100000!

b.     Keramik-PE-Gleitpaarung: der Kopf besteht aus Keramik, die Pfanne aus PE. Nicht ganz so gute Abriebeigenschaften wie die erstgenannte Paarung, aber immer noch im guten bis sehr guten Bereich.

c.     Metall-PE-Gleitpaarung: der Kopf besteht aus Metall, die Pfanne aus PE. Deutlich mehr Abrieb als die vorgenannten Paarungen.

d.     Metall-Metall-Gleitpaarung: sowohl Kopf als auch Pfanne bestehen aus Metall. Diese Form findet zumeist bei den Hüftkappenprothesen Verwendung. Nachteil: durch den Abrieb kann es zu toxischen Metallkonzentrationen im Blut kommen, so daß man diese Gleitpaarung weitestgehend verlassen hat.

Für welche Prothese sollte man sich nun entscheiden?

Dies muß individuell mit dem Patienten besprochen werden. Es gibt Formvarianten wo nur die eine aber nicht die andere Variante überhaupt in Frage kommt. Neigt der Patient zu stürzen? Welche Ansprüche hat er an seine Prothese.? Etc.

Aber auch entscheidend: Wie sind die Erfahrungen des Operateurs mit den einzelnen Prothesenarten. Es gibt auch in Deutschland immer noch Operateure, welche Hüftkappen mit Erfolg einsetzen. Die Mehrheit hat diese aber aktuell wieder verlassen.

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