Wenn mein Knie Arthrose hat
Ein Artikel über Gonarthrose
1. Anatomie + Funktion:
Das Kniegelenk ist das größte und am meisten exponierte Gelenk im menschlichen Körper. An der Bildung des Kniegelenkes sind drei Knochen beteiligt:1. Oberschenkelknochen, 2. Schienbein und 3.Kniescheibe. Das Wadenbein selber ist nicht an der Gelenkbildung beteiligt. Es stößt von unten an den Schienbeinkopf und bildet mit diesem ein eigenes Gelenk.
Am unteren Anteil des Oberschenkels befinden sich eine innere und eine äußere Gelenkknolle (Kondyle), die mit der jeweils angrenzenden Fläche des Schienbeinkopfes den inneren bzw. äußeren Anteil des Gelenkes bilden. Die Kniescheibe bildet mit dem Bereich zwischen den Gelenkknollen den dritten Gelenkanteil, das Femoropatellargelenk. Diese drei Gelenke bilden eine Einheit, sind aber in mancher Hinsicht doch unabhängig von einander und können folglich auch einzeln erkranken.
Zwischen den Oberschenkelkondylen und der Schienbeingelenkfläche liegen die Menisken. Seitlich wird das Gelenk durch Bänder und Muskeln umgeben. In der Mitte liegen die Kreuzbänder. Das Knie ist im Gegensatz zu anderen Gelenken des Körpers ein sehr komplexes Gebilde, da es, um einen Bewegungsumfang von bis zu 160 ° zu erlauben, keine knöcherne Führung besitzt. Die Stabilität des Gelenkes wird einzig durch einen komplizierten Bandapparat gesichert.
Das Knie ist eine Kombination aus einem Scharniergelenk und einem Drehgelenk. Es hat also zwei Hauptachsen, um die vier Hauptbewegungen möglich sind:
1. Strecken und Beugen. 2. Außenkreiseln und Innenkreiseln
Diese letzten beiden Bewegungsrichtungen kann das Kniegelenk nur in Beugung durchführen, da bei gestrecktem Knie die Seitenbänder angespannt sind und dann die Drehbewegung des Gelenkes verhindern. Betrachtet man sich den Bewegungsablauf des Kniegelenkes, so besteht er aus einer Roll- und Gleitbewegung der Oberschenkelrollen auf dem Unterschenkelplateau. Ausgehend von der Streckstellung kommt es in Streckung zunächst zu einem Anschlag der Kondylen an der vorderen Schienbeinkante, da die Krümmung der Oberschenkelknorren abflacht ist und dadurch eine glatte Fläche zum Unterschenkelplateau (Tibia) bildet. Zusätzlich kommt es in Streckung zu einer so genannten Schlußrotation: hierbei dreht sich der Unterschenkel ganz am Ende der Streckung leicht nach außen bzw. der Oberschenkel leicht nach innen, wodurch die beiden Kreuzbänder gegeneinander gedreht werden, sich anspannen und dadurch das Gelenk verriegeln. Zusätzlich werden die Seitenbänder bei dieser Bewegung gestrafft und gewährleisten eine stabile Streckstellung. Bei weitgehend gestrecktem Kniegelenk rollen die Oberschenkelgelenkknorren auf dem Schienbeinkopf wie ein Rad auf dem Boden. Bei stärkerer Beugung rollen dann die Femurkondylen auf dem Schienbeinkopf nach hinten und dann beginnt die eigentliche Drehbewegung, im Sinne eines Scharniergelenkes, welche erst durch die Berührung des Ober- mit dem Unterschenkel beendet wird. Dieser Bewegungsablauf - ein stufenloses Roll-Gleiten - ist nur dank eines ausgeklügelten Bandapparates möglich: Die Bänder müssen in jeder Stellung ungefähr gleich stark angespannt sein: zu straffe Bänder würden die Bewegung behindern bzw. blockieren und zu schlaffe Bänder würden zu einer Instabilität des Kniegelenkes führen. Man spricht hier von einer passiven Stabilisierung des Gelenkes. Hinzu kommt noch die aktive Stabilisierung durch die umgebende Muskulatur. Der wichtigste Muskel in diesem Zusammenhang ist der große Oberschenkelmuskel = M. quadrizeps femoris. Ein trainierter Oberschenkelmuskel ist für eine gute Funktion sowohl des gesunden als auch des kranken Kniegelenkes von größter Bedeutung. Er ist in der Lage z.B. eine Instabilität zu kompensieren. Vereinfacht kann man sagen: gut trainierter Quadrizeps = gutes Knie. Schlecht trainierter Quadrizeps = schlechtes Knie.
II. Was ist Arthrose:
Unter Arthrose versteht man die mit Knorpeluntergang beginnende, später auch andere Gelenkstrukturen erfassende und unwiederbringlich fortschreitende Gelenkzerstörung. Von Verschleißerkrankungen sind vorwiegend solche Gewebe betroffen, die schlecht oder gar nicht durchblutet sind oder einen sehr langsamen Stoffwechsel haben und folglich nicht oder nur eingeschränkt in der Lage sind, betreffende Schäden zu reparieren. In Bezug auf Gelenke sind durch mechanische Abnutzung vorwiegend der Gelenkknorpel, die Menisken und Sehnen betroffen. Auch normale Alterserscheinungen beruhen auf Verschleißvorgängen, sie führen aber in der Regel nicht zur Arthrose der Gelenke: Ein normales Gelenk ist bis in das hohe Alter funktionstüchtig, der Gelenkknorpel zeigt keine Verschleißsituation.
Man unterscheidet chemische, mechanische und genetische Ursachen, die zu einer Arthrose führen können:
Eine mechanische Ursache für eine Arthrose kann ein Missverhältnis zwischen der mechanischen Widerstandskraft des Knorpels und seiner mechanischen Beanspruchung gesehen werden. Dies kann entstehen, wenn in der Hauptbelastungszone des Gelenkes die Druckbelastung nicht mehr gleichmäßig auf den Knorpel verteilt wird, sondern z.B. durch Achsfehlstellungen – wie beim X- oder O-Bein – begrenzte Zonen mehr Last aufnehmen müssen. Solche Spitzenbelastungen an umschriebenen Stellen im Gelenk sind regelmäßig Ausgangspunkt für degenerative Verschleißprozeße. Zu den weiteren mechanischen Ursachen gehören auch Übergewicht und Gelenkinstabilitäten.
Auch die Qualität des Gelenkknorpels (genetische Ursache) spielt hinsichtlich der mechanischen Resistenz eine Rolle. Die Qualität kann durch eine Ernährungsstörung (chemische Ursache) vermindert sein, wie sie durch eine veränderte Zusammensetzung der Gelenkflüssigkeit u.a. im Rahmen von entzündlichen Prozessen auftritt. Jede Gelenkerkrankung, welche den Knorpelbelag schädigt, führt zu einem Verschleiß des Knorpels und folglich zur Arthrose.
Der Verlauf der Verschleißerkrankung hängt von der Schwere des Schadens ab. Bei gröberen Schäden kann die Grundkrankheit direkt in die Arthrose übergehen, in vielen Fällen dauert es Jahre bis Jahrzehnte bis der Verschleiß das Gelenk so stark geschädigt hat, das die Arthrose auch symptomatisch in Erscheinung tritt, d.h. Beschwerden verursacht. Im Verlauf der Arthrose kommt es zunächst zu einer Knorpelerweichung. Es bilden sich Risse und Spalten im Knorpel, die bis in die Tiefe der Knorpelsubstanz reichen. Mit Fortschreiten des Verschleißes nimmt die Höhe des Knorpels so lange ab bis der gesamte Knorpelüberzug des Gelenkes verloren geht.
Warum erneuern sich die Knorpelzellen nicht?
Den ausgereiften Knorpelzellen fehlt die Möglichkeit sich selbst zu erneuern, so daß eingetretene Veränderungen am Knorpel nicht mehr zurückgebildet werden können. Im angrenzenden Knochen kommt es erst zu einer Verdichtung der Knochenstruktur und im weiteren Verlauf zu knöchernen Anbauten an den Tragrändern. Hierüber versucht der Körper die Traglast auf eine größere Gelenkfläche zu verteilen. Flüssigkeitsgefüllte Hohlräume im Knochen unter der Gelenkfläche, so genannte Geröllzysten, entstehen durch Abbau von abgestorbenen Knochenzellen. Aufgrund der Veränderungen und dem damit gestörten Gelenkspiel versucht der Körper die Gleiteigenschaften der Gelenkpartner zu verbessern und produziert vermehrt Gelenkflüssigkeit, den typischen Erguß. Durch Abriebpartikel kann es zusätzlich zu einer Reizung der Gelenkschleimhaut kommen, welche die Flüssigkeitsproduktion anregt und gleichzeitig über eine entzündliche Reaktion zu einer Verdickung der Kapsel bis hin zu ihrer Schrumpfung führen kann. Da die Bewegung des Gelenkes durch die Arthrose schmerzhaft wird, vermeidet der Pat. die Bewegung. Hierdurch kommt es zu einer Umfangsabnahme der das Gelenk umgebenden Muskulatur und zu ihrer Verkürzung. Zusätzlich kann auch die Kapsel des Gelenkes schrumpfen und es mündet in einer deutlichen Einschränkung des Gelenkbewegungsumfanges mit z.B. Streck- und Beugedefizit.
III. Gonarthrose:
Das Kniegelenk erkrankt unter den größeren Gelenken am häufigsten an der Arthrose. Statistisch gesehen sind Frauen häufiger betroffen als Männer. So sind bei den Achtzigjährigen ca. 55% der Frauen, aber nur 30% der Männer betroffen.
Auch beim Kniegelenk unterscheidet man primäre von sekundären Arthrosen. Was versteht man nun unter primärer und sekundärer Arthrose? Bei den primären Arthrosen ist die Ursache der Erkrankung unbekannt, d.h. sie treten ohne Nachweis einer wie auch immer geartetetn Ursache auf. Primäre Arthrosen beginnen meistens an den inneren Gelenkpartnern, da diese normalerweise stärker belastet sind als die äußeren. Das typische Beispiel hierfür wäre das O-Bein.
Im Gegensatz zu den primären Arthrosen sind bei den sekundären Arthrosen die krankheitsauslösenden Faktoren bekannt. Hierzu zählen z.B. Unfälle mit Gelenkbeteiligung, nach denen die Gelenkflächen nicht mehr vollständig wiederhergestellt werden konnten, es zu einer Abweichung der Beinachse gekommen ist oder durch Verletzung von das Gelenk stabilisierenden Strukturen eine Instabilität bestehen bleibt. Auch die nach einer Verletzung notwendige Teilentfernung des Meniskus muß als eine Vorschädigung des Gelenkes angesehen werden, da der Meniskus zu den gelenktragenden Strukturen zählt und sein Fehlen zu einer falschen Lastverteilung führt. Einige internistische Erkrankungen sind ebenfalls dafür bekannt, daß sie Verschleißerkrankungen des Knorpels begünstigen. Hierzu zählen z.B. Gicht, Diabetes mellitus und Schilddrüsenunterfunktion. Auch Pat. mit Gerinnungsstörungen, so genannte „Bluter“, sowie Rheumatiker haben ein erhöhtes Risiko eine Arthrose zu erleiden.
Entsprechend der Dreiteilung des Gelenkes (s. oben) kann die Arthrose isoliert vorkommen, also an den inneren bzw. äußeren Gelenkpartner sowie im Gelenk zwischen Kniescheibe und Oberschenkel. Im fortgeschrittenen Stadium sind dann meist alle 3 Gelenkabschnitte betroffen.
Was sind die Symptome der Arthrose des Kniegelenkes?
Zu den Symptomen der Gonarthrose zählen in erster Linie bewegungs- und belastungsabhängige Beschwerden sowie typische Anlaufschmerzen. Bei Fortschreiten der Krankheit tritt der Schmerz dauerhaft auf, so daß der Pat. zusätzlich über Schmerzen in Ruhe bzw. auch nächtlichem Schmerz mit Unterbrechung der Nachtruhe berichtet. Unter den Begleitsymptomen werden zu Beginn eine Steifigkeit des Gelenkes, eine vorzeitige Ermüdung, eine Schwellneigung sowie eine vorwiegend nach intensiverer Belastung auftretende Überwärmung angegeben. Des Weiteren beschreiben viele Pat., daß sie Probleme haben, Treppen zu steigen.
Da der Gelenkknorpel selbst nicht mit Nervenendigungen versorgt ist, können die Beschwerden nur von anderer Stelle herrühren. Hier werden diskutiert:
1. Muskelschmerzen, hervorgerufen durch muskuläre Verspannungen aufgrund einer Fehlhaltung oder eines Fehlgebrauches, d.h. der Muskel ist gezwungen vermehrt Haltearbeit zu leisten.
2. Kleinstrisse in den an die Knorpelzellen angrenzenden Knochenlamellen mit daraus resultierender vermehrter Flüssigkeitsansammlung im Knochen und folglicher Druckerhöhung.
3. Irritation der Nervenendigungen in der angrenzenden Knochenhaut z.B. in dem Knochenhaut auf Knochenhaut reibt.
IV. Behandlungsformen:
1. Konservative Behandlungsmöglichkeiten:
Ziel der konservativen Therapie ist es, eine Beschwerdelinderung sowie eine Verbesserung des Bewegungsumfanges ohne Operation zu erreichen. Eine konservative Therapie ist aber nicht in der Lage, die Verschleißerkrankung zu heilen, sondern Ziel kann es nur sein, den Zeitpunkt der Operation hinauszuzögern. Die optimale konservative Behandlung besteht in einer Kombination aus medikamentösen und nicht-medikamentösen Therapieformen. Durch die Gabe von Schmerzmedikamenten sowohl in Tablettenform als auch als Salbe kann der Schmerz gedämpft werden und der Pat. kann sich besser bewegen und gewinnt wieder an Lebensqualität. Auch besteht die Möglichkeit, über Spritzen direkt in das Kniegelenk den Schmerz zu lindern und die Bewegungsfähigkeit zu verbessern. Hierzu kann man sowohl örtliche Betäubungsmittel in Kombination mit Cortison verwenden oder aber Medikamente, die neben der Schmerzlinderung auch die Reizung im Kniegelenk vermindern sollen. Neben den medikamentösen Behandlungsformen kommen auch physikalische Maßnahmen und Physiotherapie zum Einsatz. Durch physikalische Maßnahmen wie Eisakkus, Lehmkaltpackung oder Kryotherapie (hier strömt eiskalte Luft über das Gelenk) kann im akuten Stadium eine Schmerzlinderung erreicht werden. Werden die Hauptbeschwerden durch Muskelverspannungen hervorgerufen, kommen Wärmeverfahren zur Anwendung. Hierzu zählen neben der Fangopackung auch die heiße Rolle oder Thermalbäder. Schmerzlinderung kann auch durch die gezielte Nutzung von Strom erreicht werden. Häufig wird der Strom mit der Wärme des Wasser kombiniert, so kommt Strom sowohl im Rahmen von Stangerbädern vor als auch bei Zwei- bzw. Vierzellenbädern. Über die Nutzung von Strom in Ultraschallform kann gezielt Medikamenten in Salbenform die Hautpassage erleichtert werden, so daß tiefere Gewebeschichten erreicht werden können. Physiotherapeutische Maßnahmen haben das Ziel, Erguß- und Schwellneigung zu vermindern, den Schmerz zu lindern, den Bewegungsumfang zu erhalten bzw. zu verbessern, die kniegelenksführende Muskulatur sowohl zu kräftigen als auch zu dehnen sowie die Ausdauer zu verbessern. Zu den Behandlungsformen der physiotherapeutischen Maßnahmen zählt, die Manualtherapie zur passiven Mobilisation bzw. unter Traktion und folglich Gelenkentlastung sowie Anregung zur Bildung von Gelenkflüssigkeit. Durch Massagetechniken können kontrakte Weichteile gedehnt sowie schmerzhaft verkürzte Muskulatur detonisiert (= entspannt) werden. Durch isometrische und später isokinetische Übungen kann eine Kräftigung der Muskulatur erreicht werden. Für den häuslichen außerstationären Bereich kann der Pat. zur eigenständigen Therapie regelmäßig Fahrrad fahren. Dies sollte mit hohem Sattel und unter Berücksichtigung der Rückenschule auch mit hohem Lenkrad sowie gegen geringen Widerstand also geringem Kraftaufwand durchgeführt werden. Auch Schwimmen mit Beinkraulschlag sowie Nordic Walking verbessern die Muskelkraft und fördern die Durchblutung des Gelenkes ohne zu große Druckbelastungen aufzubauen.
2. Operative Maßnahmen:
a) Arthroskopie:
Zeigt sich röntgenologisch noch kein sicherer Hinweis auf eine Gonarthrose kann zur Klärung der Ursache für die Kniegelenksbeschwerden zunächst eine Kniespiegelung (Arthroskopie) durchgeführt werden. Mittels der Spiegelung können Ursachen für eine mechanische Irritation des Gelenkes wie freie Gelenkkörper, eingerissene Meniski oder lockere Knorpelfragmente entfernt werden. Zusätzlich können durch die Gelenk Spülung Abbauprodukten der Verschleißerkrankung eliminiert werden. Und man kann den bisher eingetretenen Knorpelschaden festhalten. Im Spätstadium der Verschleißerkrankung ist die Spiegelung nur noch indiziert, wenn der begründete Verdacht auf mechanisch behindernde Knorpel- bzw. Meniskusanteile besteht, welche die Hauptursache der verstärkten Beschwerden ausmachen.
Mittels der Spiegelung können auch kleinste lokal begrenzte Knorpelschäden therapiert werden. Hierbei wird der freiliegende Knochen angebohrt und es wird mesenchymalen Stammzellen ermöglicht, in diesen Bereich einzuwandern. Diese Stammzellen sind dann in der Lage, Ersatzknorpelgewebe zu bilden. Dieser Knorpel schützt dann wieder den bis dato freiliegenden Knochen, ist aber in seiner Belastbarkeit normalem Knorpelgewebe unterlegen. Zu dem muß der Pat. im Anschluß an die Operation 6 Wochen das Bein komplett entlasten.
Als letztes Verfahren der arthroskopischen Operationen sind Knorpeltransplantation zu nennen. Hierbei wird z.B. Knorpel aus einem weniger belasteten Gelenkareal entnommen und in die geschädigte Stelle eingesetzt. Aber auch dieses Verfahren kann nur bei kleinen knorpelfreien Flächen eingesetzt werden und ist eher eine Behandlungsform für Pat. mit Vorstufen zur Verschleißerkrankung.
b) Umstellungsosteotomie:
Diese kommen zum Einsatz wenn nur der äußere oder innere Gelenkanteil betroffen sind und zusätzlich eine Achsabweichung des Beines zum O- oder X-Bein vorliegt. Man unterscheidet die zuklappende und aufklappende Operationstechnik. Bei der zuklappenden Operationstechnik wird auf der Außenseite des Schienbeines ein Keil entsprechend der gewünschten Winkeländerung entnommen und dann der Schienbeinkopf auf den Knochen heruntergeklappt. Im Gegensatz hierzu wird bei der aufklappenden Technik der Schienbeinkopf fast komplett durchgesägt und dann im gewünschten Winkel aufgerichtet. Also aufgeklappt. Das Korrekturergebnis wird jeweils mit einer winkelstabilen Platte und Schrauben fixiert und der Pat. darf bis zur knöchernen Durchheilung der Osteotomie das Bein nur mit ca. 20 kg belasten.
c) Endoprothetischer Ersatz:
Der endoprothetische Kniegelenksersatz kommt bei ausgeprägten, stark schmerzhaften Arthrosen mit Einschränkung der Gehfähigkeit zum Einsatz. Hierbei werden die zerstörten Gelenkanteile entfernt und durch künstliche aus Metall ersetzt. Zumeist bestehen die Gelenke aus sogenannten Chrom- Kobalt-Legierungen, welche sich durch eine hohe Festigkeit auszeichnen. Bei Allergikern kann man auf Knieendoprothesen mit Titanlegierung ausweichen. Die Funktion des Puffers und Abstandshalters zwischen den Gelenkpartner, die im gesunden Gelenk die Menisken erfüllen, übernehmen im Kunstgelenk Polyethylengleitpaarungen. Die Verankerung im Knochen erfolgt entweder über einen speziellen Klebstoff, den Knochenzement, oder über eine spezielle Beschichtung der Prothese, die das Einwachsen des Knochens an die Prothese ermöglicht. Da zementierte Prothesen in den meisten Studien eine längere Standzeit aufweisen als die nichtzementierte Variante, gilt die zementierte Verankerung als Goldstandard. Ziel der Prothesenimplantation ist es eine Schmerzarmut zu erreichen, die gestörte Gelenkfunktion weitestgehend wiederherzustellen und hierüber die Lebensqualität des Patienten deutlich zu verbessern. Aufgrund der unterschiedlich gelagerten Verschleißsituation im Kniegelenk und unter Berücksichtigung der Bandverhältnisse wurden unterschiedliche Verfahren in der Knieendoprothetik entwickelt. Bei Verschleißerkrankungen, die nur den auf der Innenseite des Kniegelenkes gelegenen Anteil betreffen, gibt es die Möglichkeit mittels einer sogenannten Schlittenprothese, nur diesen geschädigten Bereich des Gelenkes mit einem Kunstgelenk zu ersetzen. Voraussetzung hierfür ist ein stabiles inneres Seitenband und ein intaktes vorderes und hinteres Kreuzband. Die Operation wird über einen kleineren Hautschnitt als bei einem kompletten Oberflächenersatz ausgeführt und da der große Oberschenkelmuskel nicht in das Operationsgebiet einbezogen ist, können die Patienten etwas schneller mobilisiert werden. Betrifft der Verschleiß alle Gelenkanteile bleibt nur der komplette Kniegelenkersatz als Therapiemaßnahme. Hier unterscheidet man den Oberflächenersatz, die teilgekoppelte und die gekoppelte Prothese. Voraussetzung für den Oberflächenersatz ist ein intakter Seitenbandapparat und ein intaktes hinteres Kreuzband, da die Gelenkführung nur über die erhaltene Gelenkkapsel und die Bandstrukturen sowie durch das Prothesendesign erfolgt. Achsenfehlstellungen sollten nicht mehr als 25° ins O-Bein (Varus) bzw. 20° ins X-Bein (Valgus) betragen, da größere Achsabweichungen für ein nicht mehr stabilisierbaren Bandapparat sprechen und dann eine frühzeitige Lockerung der Prothese erfolgen kann. Für eine größere Achsabweichung wurde die teilgekoppelte Prothesenvariante entwickelt. Hierbei sorgt ein großer Zapfen am Polyethylengleitlager, welcher in den Oberschenkelanteil der Prothese greift, für eine Varus-Valgusstabilisierung. Noch sind die Gelenkpartner frei gegeinander beweglich und werden durch den Bandapparat gehalten. Sind die Bandstrukturen hochgradig geschädigt und lassen sich nicht mehr rekonstruieren, so muß der Patient mit einem achsgeführten gekoppelten Kunstgelenk versorgt werden. Dieses Gelenk kann sich dann nur noch in Streckung und Beugung bewegen, eine Schlußdrehbewegung kann dann nicht mehr ausgeführt werden. Bei Ersteingriffen kommt diese Prothesenart nur noch selten zum Einsatz, da diese schwersten Kniegelenksschädigungen nur noch sehr selten beobachtet werden.
Ziel einer jeden Operation ist es, die krankhafte Kniegelenksachse wieder auf ihren physiologischen Wert einzustellen und dadurch eine vorzeitige Lockerung der Prothese in einem Gelenkanteil zu verhindern. Grundsätzlich können zwei Techniken unterschieden werden, eine herkömmliche und eine navigierte Operationstechnik. Bei der herkömmlichen wird die Achsausrichtung über einen Stab ermöglicht, welcher am Oberschenkel im Knochen liegt und am Unterschenkel sich am 2. Strahl des Fußes orientiert. Hier besteht jedoch eine sehr hohe Variabilität in der erzielten Achse. Bei der navigierten Version werden definierte Landmarken am Knochen in ein Computersystem eingelesen, die ermittelten Achsen mit zuvor am Röntgenbild erhobenen Daten verglichen und in Abhängigkeit der ermittelten Werte die Schnittebenen am Knochen festgelegt. So kann man zu jedem Zeitpunkt der Operation kontrollieren, ob man die optimale Beinachse erreicht. Zudem ermöglicht diese Technik sowenig Kochen wie möglich und nur so viel wie nötig zu entfernen. In Studien konnte belegt werden, daß durch die Navigation die Anzahl sogenannter Ausreißer von der idealen Achsposition in Streckstellung vermindert werden konnte. Um sowohl in Streckung als auch in Beugung ein optimal balanziertes Kniegelenk zu erlangen, muß in die Schnittplanung auch der Bandapparat mit einbezogen werden, da sich die Festigkeit der Bandstrukturen in Streckung und Beugung unterscheiden kann. Mit Hilfe der Navigation ist es dem Operateur möglich, das Verhalten des Kunstgelenkes in Streckung und Beugung mit unterschiedlichen Prothesengrößen und unterschiedlichen Schnitthöhen zu simulieren, über diesen Mechanismus kann die Stabilität des Kunstgelenkes zusätzlich beeinflusst werden. In mehreren aktuellen Studien konnte zudem nachgewiesen werden, dass navigierte Kniegelenke in den ersten 10 Jahren nach OP eine signifikant niedrigere Lockerungsrate aufweisen.